4. Funktionen

In der Physik und Technik werden die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Größen in Größengleichungen beschrieben, z. B.:

$$s = \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2$$

Diese Beziehung kann man als Funktion $s(t)$, '$s$ in  Abhängigkeit von $t$', auffassen. $s$ ist der Funktionswert zum Zeitpunkt $t$, $t$ ist das Argument der Funktion. $t$ ist die unabhängige, $s$ die abhängige Variable.

Häufig werden $s$ und $t$ 'gegeneinander aufgetragen'. Die unabhängige Variable wird auf der horizontalen 'x-Achse', die abhängige auf der dazu senkrecht stehenden 'y-Achse' aufgetragen. $s(t)$ und das zugehörige $t$ definieren einen Punkt in dem Diagramm. Die Gesamtheit dieser Punkte ist der Graph der Funktion.

Die Begriffe Funktion und Graph kennen Sie bestimmt, vielleicht aber nur in der Form '$y=f(x)$' oder '$y(x)$', z. B. $y=3x+4$. Sie können in der Physikvorlesung alles benutzen, was Sie über solche Funktionen wissen, Sie müssen lediglich z. B. $f$ durch $s$ und $x$ durch $t$ ersetzen: $s(t)$ statt $f(x)$.

Beliebige Abhängigkeiten kommen vor, z. B. $N(t)$ (Teilchenzahl als Funktion der Zeit), $\rho(h)$ (Druck als Funktion der Höhe), $m(v)$ (Masse als Funktion der Geschwindigkeit), etc.

Sie sollten Ihre Kenntnisse über die folgenden Funktionstypen auffrischen:

  • lineare Funktionen (y = ax + b)
  • quadratische Funktionen (y= ax2 + bx + c)
  • Wurzel- und Hyperbelfunktionen $(y=\frac{1}{x}$ und $y=\frac{1}{x^2})$
  • Sinus- und Cosinusfunktion
  • e-Funktion und ln (natürlicher Logarithmus)

4.1 Freier Fall (lineare und quadratische Funktionen)

Der freie Fall ist die Bewegung eines Körpers allein unter dem Einfluss der Anziehungskraft der Erde. Wenn der Luftwiderstand vernachlässigt werden kann, fallen alle Körper mit derselben Beschleunigung in Richtung auf den Mittelpunkt der Erde.

Der freie Fall ist ein Beispiel für einen Bewegungsvorgang, der mit konstanter Beschleunigung abläuft. Die Fallbeschleunigung ist nach unten gerichtet, ihr Betrag ist $g = 9,81 \frac{m}{s^2}$. Sie ist für alle Körper gleich groß und unabhängig von Masse, Form und Material.

Wegen der Erddrehung und weil die Erde keine perfekte Kugel ist, hängt der Wert von $g$ von der geografischen Breite ab. In der Nähe des 50. Breitengrads und für niedrige Höhenlagen (Meeresniveau) ist in guter Näherung $g = 9,81 \frac{m}{s^2}$.

Für Bewegungen mit konstanter Beschleunigung ('gleichmäßig beschleunigte Bewegung') ist die Bahnkurve keine Gerade. Im allgemeinen Fall hängt die Geschwindigkeit $v$ linear, die Ortskoordinate $x$, gemessen längs der Bahn, quadratisch von der Zeit $t$ ab:

$v(t) = v_0 + a \cdot (t - t_0)$

$x(t) = x_0 + v_0 \cdot (t - t_0) + \frac{1}{2} \cdot a \cdot (t - t_0)^2$

$x_0$ = Position des Massenpunkts auf der x-Achse zum Zeitpunkt $t_0$

$v_0$ = Geschwindigkeit des Massenpunkts zum Zeitpunkt $t_0$

Diese allgemeinen Gleichungen reduzieren sich in vielen Fällen auf einfachere Formen. Oft kann man die Situation so beschreiben, dass $t_0 = 0$ und $x_0 = 0$ sind. Im 'klassischen' freien Fall aus der Ruhe ist sogar $v_0 = 0$. Daraus ergibt sich:

$v(t) = g \cdot t$

$x(t) = \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2$

Dazu muss die x-Achse senkrecht nach unten zeigen, ihr Ursprungsort muss dort liegen, wo das Objekt aus der Ruhe heraus bei $t=0$ seinen freien Fall beginnt.

Schauen Sie sich die zugehörigen Graphen der Funktionen an!

4.2 Kreisfunktionen

Im rechtwinkligen Dreieck ist der Sinus das Verhältnis von Gegenkathete zu Hypothenuse. Wenn Sie in ein x-y-Koordinatensystem einen Kreis mit dem Radius 1 einzeichnen (den sog. 'Einheitskreis'), dann können Sie zu jedem Winkel $\Phi$ ein rechtwinkliges Dreieck zeichnen, dessen Hypothenuse die Länge 1 hat. Die Länge der Gegenkathete (inklusive Vorzeichen!) ist dann direkt der Sinus des Winkels $\Phi$. Die Länge der Ankathete, wieder unter Berücksichtigung des Vorzeichens, ist direkt der Cosinus des Winkels $\Phi$.

In der Mathematik und noch häufiger in der Physik wird der Winkel im Bogenmaß angegeben. Für Winkel größer als $2\pi$ beginnt die Funktion wieder 'von vorn': der Sinus ist #$2\pi$-periodisch''.

Definiert ist der Sinus für beliebig große und auch für negative Winkel.

Schauen Sie sich das Verhalten des Sinus mit anwachsendem Winkel $\Phi$ an!

4.3 Gedämpfte Schwingung

Bei einer gedämpften Schwingung nimmt die Amplitude als Funktion der Zeit ab. Mathematisch besonders einfach zu beschreiben ist eine exponentiell abklingende Amplitude. Die Schwingung hat dann die Form:

$$s(t) = s_0 \cdot e^{-\delta t} \cdot \sin{(\omega \cdot t)} = A(t) \cdot \sin{(\omega \cdot t)}$$

Die Auslenkung $s(t)$ ist das Produkt aus einer 'Amplitudenfunktion' $A(t)$ und dem 'Schwingungsterm' $\sin{(\omega t)}$. Da der Sinus höchstens zwischen den Werten +1 und -1 variiert, bewegt sich $s(t)$ zwischen $A(t)$ und $-A(t)$ hin und her. Die Schwingung klingt um so schneller ab, je größer die 'Abklingkonstante' $\delta$ ist.

Schauen Sie sich die gedämpfte Schwingung mit $\delta$ = 0,69/s, 0,069/s und 0,0069/s an! Nutzen Sie dazu den Funktionsplotter und stellen Sie Folgendes ein:

f1 = sin (2*PI*t), f2 = exp(-0,69*t), f3 = exp(-0,69*t)*sin(2*Pi*t)